NACH DEN REGELN DER KUNST

Benno Heisel

Der Apothekerfrosch – Tiere in Gefäßen Teil 2

 

Bis in die fünfziger Jahre

war der beste Schwangerschaftstest

dass man seinen Morgenurin sammelt,

den man dann in einen Frosch injizieren lässt. 

 

Befindet sich im Harn dieses Enzym,

auf das Teststreifen heute reagiern,

Zerlegt das den Hormonhaushalt des Apothekerfroschs,

der beginnt sehr rasch und schäumend zu ovuliern,

 

Das ist jetzt bloß historisch intressant,

also warum darüber dieses Lied?

Es gibt das Lied, weil ich's für heute intressant fand,

wie der Frosch dabei die ganze Sache sieht.

 

Als glattes Krallenfroschweibchen ist mir das Wirtschaftswunder egal,

Auch dass der Volksmund Apothekerfrosch sagt, mir - ich sag mal - scheißegal,

aber der Grund für diesen Namen nicht, wenn mich grade eine Nadel sticht,

Und ein Apotheker injiziert mir Harn in mein Gesicht.

 

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

 

Ich hasse meinen Job und meine Kunden.

Ich hasse meinen Job und meine Kunden.

Ich verstehe den Bedarf aber ich hass die, die ihn haben,

Unumwunden: Ich hasse meine Kunden.

 

Also um die Apotheke tobt das Wirtschaftswunder

Hier drin wundert mich die Wirtschaft nicht.

Ich tue meinen Teil und keiner kriegt mich unter,

ob ich was andres besser kann, das weiß ich schlicht nicht.

Ich träume davon, von was Konkretem zu träumen,

doch leider fehlt mir grad dazu die Muße

ich räume meine Mielespüle auf vom letzten Schäumen

wofür tue ich hier grade wessen Buße?

 

Wär mein Leben doch so ruhig

wie das von einem Lurch

der spendet sein Sekret

und geht.

 

Als glattes Krallenfroschweibchen ist mir das Wirtschaftswunder egal,

Wenn das ganze Drumherum stimmt, überwindet man sich halt mal.

Und es kratzt an meiner Würde nicht,

wenn mich grade eine Nadel sticht

Und ein Apotheker injiziert mir Harn in mein Gesicht.

 

Ich hasse meinen Job.

 

Ruhig Blut! Die Wut tut dir nicht gut.

Du arbeitest in Wahrheit für ein cooles Institut.

Sachte sachte! Ein Scheißjob aber sach' dir,

Beschissner wäre es, wenn ihn keine machte.

 

Ich mach was kein Mann den ich kenn kann, aber ich!

Also meide ich halt jeden Stopp, denn dann hader ich

Muss keine Fragen stellen die sich nicht stellen, kein aber ich!

Ein talentiertes Tier nutzt sein Talent, jetzt laber nicht!

Begabt ist halt der, der erträgt, was gefragt ist.

Und ich bin gefragt, was doch echt nicht gesagt ist.

 

Alles für die gute Sache, alles alles für die Kunst

alles für die Brut, den Nachwuchs, alles alles was du brunzt.

 

Doch ich hab immer noch meine Träume in mir aber jetzt auch deine Pisse, verdammte Axt!

Und der Volksmund soll mal schön die Fresse halten, danke, dass du fragst,

Vielleicht schreib ich ein Manifest

Memoiren und den ganzen Rest.

Falls mich meine PMS den nächsten Test erleben lässt.

 

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

 

Ich hasse meinen Job und meine Kunden.

Ich hasse meinen Job und meine Kunden.

Ich verstehe den Bedarf aber ich hass die, die ihn haben,

Unumwunden: Ich hasse meine Kunden.

 

Guten Morgen Mademoiselle,

ja, wir sind diskret und schnell.

Ich helfe wenn ich kann,

und ja, auch Ihnen ganz speziell.

 

Generell, sind sie auch sicher eine Nette,

doch ich täte es für jede.

Ich wäre absolut pro choice,

wenn ich die Wahl hätte

 

Wir wären gern beide nicht hier,

und ich kann Ihnen nichts abschlagen,

Meine Krallen sind gestutzt,

und ich fühle mich so schlapp, klagen

will ich nicht, aber eines doch noch sagen.

Entschuldigung.

Wenn Sie nur eben ihr Wasser abschlagen

und mir reichen, wie Sie es da draußen niemals könnten,

das wird reichen, und jetzt können Sie sich schleichen

Lassen sie mich rasch ihre Schwangerschaft ins Wasser laichen, apropos Wasserleichen,

Wolln Sie vielleicht meine Heimat im Amazonas besuchen?

ich würd Ihnen grade wahnsinnig gern Flüge buchen,

oder wie wär's wenn Sie mal schön gegen ein paar Wände klatsch

wie im Froschkönig nur ohne Happy Ende Quatsch,

Oder küssen Sie mich und erlösen Sie mich, die nette Version,

will sagen: leck mich! Vielleicht werden Sie high davon.

 

Oder tot. Nicht? Weil ich ein Frosch bin? Ne? Schade. Egal.

 

Aber jetzt alle:

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

Ich hasse meinen Job.

 

 

Textauszüge aus dem Liederabend Nach den Regeln der Kunst

Vorstellungen am 11. und 12. April 2018, Chantal München